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Steuern & Recht
17. Mai 2017
Krankengeldanspruch bei irrtümlicher Nichterstellung einer Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung

Krankengeldanspruch bei irrtümlicher Nichterstellung einer Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung

Nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) darf eine Krankengeldzahlung den Versicherten von der Krankenkasse nicht untersagt werden, wenn der Arzt die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung irrtümlich aus nichtmedizinischen Gründen unterlässt.

Ein Hausarzt war der Auffassung, der Klägerin brauche am letzten Tag der bisher bescheinigten Arbeitsunfähigkeits-Dauer wegen einer vorliegenden depressiven Episode nicht erneut Arbeitsunfähigkeit attestiert zu werden, weil dies bei einem am Folgetag vereinbarten Termin durch eine Fachärztin ohnehin erfolgen werde. In einem weiteren Verfahren gab der Arzt an, es sei „leider ... verpasst“ worden, eine Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung auszustellen und bestätigte im Nachgang durchgehende Arbeitsunfähigkeit. In diesem Fall hat die beklagte Krankenkasse den Klageanspruch in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG anerkannt.

Enge Voraussetzungen bei Weitergewährung von Krankengeld

Gemäß den gesetzlichen Vorschriften hängt die Weitergewährung von Krankengeld davon ab, dass am letzten Tag der bestehenden Arbeitsunfähigkeit für die Folgezeit erneut Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Bereits bisher war ausnahmsweise Krankengeld zu zahlen, wenn der Arzt die Arbeitsunfähigkeits-Folgebescheinigung aufgrund einer medizinischen Fehlbeurteilung nicht ausstellte. Das BSG entschied, dass eine Krankenkasse Krankengeld auch gewähren muss, wenn die Fehleinschätzung des Arztes über die Notwendigkeit einer Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung auf nichtmedizinischen Gründen basiert. Dies gilt aber lediglich unter engen Voraussetzungen. Der Versicherte darf insoweit nicht auf – ungewisse – Regressansprüche gegen den Arzt verwiesen werden. Aufgrund der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), die abweichend vom Gesetz eine rückwirkende Arbeitsunfähigkeits-Attestierung ermöglichen, kann regelmäßig nicht angenommen werden, dass ein Vertragsarzt weiß, dass ein solches Attest zum Verlust von Krankengeld-Ansprüchen des Versicherten führt. An den Beschlüssen der GBA wirken die Krankenkassen durch Vertreter mit. Aufgrund dessen erscheint es treuwidrig, wenn sich die Krankenkassen bei dieser Sachlage trotz ihrer Mitverantwortung für die Richtlinien von ihrer Leistungspflicht befreien könnten. (kk)

BSG, Urteil vom 11.05.2017, Az.: B 3 KR 22/15 R, B 3 KR 12/16 R